Kapitel Eins
Die Beerdigung
Bei der Beerdigung sollten,
nach Möglichkeiten, die zu Lebzeiten für den gestorbenen
verantwortlichen Geistlichen, Şêx, Pîr und der Bruder für
Jenseits (Birayê Axîrettê) anwesend sein. Wenn es nicht möglich
ist, dass alle anwesend sein können, dann sollte wenigstens einer
von ihnen anwesend sein. Und wenn auch dies nicht möglich ist,
dann muss ein anderer Priester die beiden Qawwl`s: „Qawwlê Sere
mergê“ und das „Taqîn û Asîn“ über den Toten sprechen.
Die Toten werden rituell
gewaschen und mit weißen Leinentüchern bekleidet. Den Toten
dürfen keine Schuhe angezogen werden. Ein „Berat“ (weiße
Erdkugeln, aus der Erde von Laliş) wird in die Hand und je eine
auf die beiden Augen gelegt.
Während diese Vorbereitungen
an dem Toten selber vorgenommen werden, graben andere das Grab
und bereiten es vor. Die Grabwände werden mit Steinplatten
verkleidet. Die Stelle, wo der Kopf hinkommt, „Hed“ genannt, wird
im Vorfeld mit Platten, gewöhnlich Steinplatten, abgedeckt. Nach
der Lehre der Êzîdî weiß der Tote selber nicht, dass er tot ist.
Dies wird ihm erst bewusst, wenn er versuchen wird aufzustehen
und sich dabei mit dem Kopf an die Platten von Hed stößt.
Die Bahre wurde früher zu
dem Grab getragen. Die Bahre wird auf die aufgeschaufelte
Graberde gelegt. Sein Bruder für Jenseits bindet, ehe der Sarg
endgültig zugemacht wird, den Knoten seines Kopfes (Girêka Sêrî)
auf. Dreimal wird der Sarg hoch und wieder runter genommen
(gehievt), bevor er in das Grab gelegt wird. Die engsten
weiblichen Verwandten gehen eine Woche lang, jeden Morgen, bei
Sonnenaufgang, in Begleitung von einige andre Frauen aus der
Nachbarschaft zu dem Grab. Sie werden aber meist auch von einigen
Männern dorthin begleitet. Sie bleiben dort bis es richtig hell
wird. Dieses Ritual ist für beide Geschlechter gleich.
Die Gräber von weiblichen und
männlichen erkennt man an den Grabsteinen. Bei den Männern werden
zwei, ein Fuß- und ein Kopfstein und bei den Frauen wird nur ein
Kopfstein gelegt.
Die Verwandten und Bekannte
besuchen die Hinterbliebenen um ihr Beileid auszusprechen und sie
geben ihnen eine kleine Summe Geld, als Unterstützungshilfe. Die
Gäste werden mit Tee, Kaffee und eine warmen Mahlzeit empfangen.
Das Essen nennt man „Xêra Mirîya“ (das Toten Essen). Am ersten
Donnerstag nach der Beerdigung werden alle Bekanten und
Verwandten von dem Toten, seitens der Hinterbliebenen zum Essen
eingeladen. Sie geben an diesem Tag ein Essen zum Andenken an die
Toten aus. Jeder Gast bekommt eine Tüte voller Speisen mit, wenn
er wieder nach Hause geht. Diese Zeremonie wird am 40. Todestag
und nach einem Jahr, nach seinem Tode, wiederholt. Diese
Zeremonie wird „Xêra Mirîya“ genant.
Der Monat September ist der
Almosenmonat. In diesen Monat verteilen die Gläubigen Almosen
unter den Armen und der Toten wird mit Verteilen von Brot und
anderen Gerichten gedacht. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich
der, weil man die gesamte Ernte in diesem Monat eingeholt hat und
deshalb jeder in der Lage ist etwas davon zu entbehren.
1)
zum Beispiel: Bei
den Êzîdî in transkaukasischen Ländern trinken die Trauergäste
nach der Beerdigung mit den Verwandten von dem Toten Alkohol, was
bei den übrigen Êzîdî etwas sehr ungewöhnliches ist.
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