Kapitel Eins
Scheidung
Scheidung wird bei den Êzîden höchst ungern
gesehen und erst recht nicht, wenn die sich Scheidenden bereits
Kinder haben. Trotzdem kommt es hin und wieder zu Scheidungen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein wichtiger Scheidungsgrund
ist beispielsweise die Untreue. Eine Scheidung ist im Falle einer
Untreue berechtigt und wird in der Regel sofort vollzogen. Auch
eine Frau darf die Scheidung verlangen, wenn sie nachweislich von
ihrem Mann benachteiligt, unrecht behandelt und geschlagen wird
etc..
Wenn eine Scheidung vollzogen wird, dann
hat der Mann automatisch das alleinige Sorgerecht für die
gemeinsamen Kinder. Nur in dem Falle, wenn der Mann die Kinder
abstößt, darf die Frau sie erziehen. Im Falle einer Scheidung
darf die Frau nur die Güter mitnehmen, die ihre Eltern und
Verwandten ihr geschenkt haben.
Die Scheidung wird in der Gegenwart einiger
Zeugen vollzogen und wenn möglich sollte mindestens ein
Geistlicher und zwar der Pêşîmam anwesend sein, der auch für die
Trauung zuständig war. Der Mann überreicht seiner Frau symbolisch
drei kleine Steinchen und sagt zu ihr: „Von nun an bist du für
mich wie meine Mutter und meine Schwester.“ Er muss
diese Worte dreimal laut und deutlich aussprechen. Die Frau sagt:
„Von nun an bist du für mich wie mein Vater und meine Brüder.“
Auch sie muss diese Worte dreimal laut und deutlich aussprechen.
Die Scheidung heißt bei den Êzîden, so wie bei allen Kurden „Telaq
dayin“ auch „Jin berdan“. Wenn eine Frau ihre Telaq bekommen hat,
darf sie danach mit ihrem Exehemann nie wieder sexuellen Kontakt
haben.
Die Frauen haben nach der Scheidung das
Recht wieder zu ihren Verwandten zurückzukehren. Beide dürfen
nach der Scheidung auch gleich wieder heiraten.
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